Diagnostica-Forum 2013: Labordiagnostik - auf Augenhöhe mit dem Sparschwein?

Rund 120 Gäste besuchten am 31. Januar 2013 das VDGH-Diagnostica-Forum in Berlin, das der Verband ausgerichtet hatte. Auf dem Programm standen acht Referenten aus Politik, Medizin und Gesundheitswesen, deren Vorträge die Forum-Teilnehmer zur Diskussion einluden.

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VDGH-Diagnostica-Forum 2013, Foto: Schacht

Die Themen standen vor dem Hintergrund eines hart erkämpften Honorarabschlusses für 2013, Änderungen in der Vergütung von Laborleistungen sowie Innovationsvorschlägen der Industrie im Wartestand. Aber auch vor neuen Wegen bei der Früherkennung von Krebserkrankungen und Forderungen nach weiterem Handlungsbedarf bei der Bekämpfung von multi-resistenten Keimen. Die Gäste erwarteten gespannt eine Positionierung von der Gesundheitspolitik und den Partnern in der Selbstverwaltung. Darüber hinaus zeigten Experten aus der Diagnostik Zukunftstrends in der Labormedizin und Potentiale der modernen Labordiagnostik auf.

In der Podiumsdiskussion wurden die Vertreter von GKV und KBV, Dr. Manfred Partsch und Dr. Dieter Auch, von den Experten aus Industrie, Medizin und Wissenschaft mit Warnungen und Forderungen konfrontiert. Dabei drehte sich die Debatte vor allem um den Stillstand bei der Bewertung von Laborleistungen im Bewertungsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Hier mahnte VDGH-Vorstandsmitglied Dr. Karl-Heinz Büscher: “Der Preisdruck trübt die Stimmung der Industrie. Wenn wir investieren sollen, brauchen wir Planungssicherheit, was Innovationen angeht.“ Aber auch die Laborvergütung wurde hitzig diskutiert. Dr. Andreas Bobrowski (BDL) konfrontierte die Vertreter von GKV und KBV mit den Leistungen der Labormedizin und zeigte mit dem Symbol des Sparschweins der Politik und Selbstverwaltung die Rote Karte: „800 Laborärzte steuern rund 70 Prozent aller Diagnosen und Therapieentscheidungen in Deutschland. Dennoch haben wir es mit einer janusköpfigen Politik zu tun." Hier wären Quotierungen, Absenkungen einzelner Vergütungselemente, die Bedarfsplanung der KBV sowie ein sich abzeichnender Innovationsstopp das falsche Signal an eine Facharztgruppe, die auch Arbeitgeber seien und ein unternehmerisches Risiko trügen. Dr. Peter Kühne vom Berufsverband der Deutschen Urologen hob die Bedeutung der Labordiagnostik für den urologischen Patienten hervor. Er begründete die Notwendigkeit, bestimmte Laborleistungen, speziell in den Bereichen der Mikrobiologie, Tumor- und Hormondiagnostik, selbst zu erbringen. Auf die Frage, wie ab 2014 die Selbstzuweisung neu geregelt wird, konnten die Vertreter von GKV-Spitzenverband und KBV noch keine gemeinsame Antwort geben.

Dr. Manfred Partsch und Dr. Dieter Auch waren bei der Diskussion um die Aufnahmeprozeduren in den EBM besonders gefragt. Zwar schützten längere Prüfverfahren den Patienten auch vor schädlichen Folgen, so Partsch. Er räumte jedoch ein, dass das Bewertungsverfahren im Bewertungsausschuss des G-BA nicht so schnell von statten gehe, wie eigentlich erhofft. Dr. Auch von der KBV konzedierte, dass die Laborreform von 2009 ein verkürztes Bewertungsverfahren vorsehe, das so noch nicht umgesetzt sei. Er verteidigte jedoch die Bedarfsplanung und zeigte auf, dass die neue Beplanung den Bestand im Wesentlichen bereits abdeckt.

Um eine schnelle Umsetzung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ging es auch bei dem Gastvortrag von Dr. Ulrich Orlowski aus dem Bundesministerium für Gesundheit. Er stellte das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz (KFRG) vor und betonte, dass die Sorgen der Industrie, Erprobungen könnten zu lange dauern, unbegründet seien: „Die Politik wird nicht akzeptieren, dass der G-BA innerhalb von drei Jahren die Früherkennungsprogramme nicht auf den Weg bringt“, so Orlowski.

Die Sorge um Innovationen in der Warteschlange legten auch Professor Dr. Oliver Schildgen, Institut für Pathologie der Kliniken Stadt Köln, Universität Witten/Herdecke und Professor Dr. Joachim Thiery, Präsident der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin, dar. Schildgen erläuterte den Innovationsbedarf am Beispiel der für Menschen gefährlichen Keimen und mutierenden Viren: „Forscher haben bereits viel entdeckt und haben Vermutungen, aber nicht die Möglichkeit, sie zu untersuchen.“ Seine Forderung: Mehr Geld für die Wissenschaft und „Maximaldiagnostik jetzt“, um später Kosten zu sparen. Professor Thiery zeigte den Zusammenhang zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der Industrie auf: „Die Diagnostik ist zu 80 Prozent ausgereift und seit den 90er Jahren stagniert die Produktentwicklung. Eine weitgehende Automatisierung und Vernetzung analytischer Prozesse hochstandardisierter Methoden sind erreicht, aber der Bedarf an labormedizinischer Fachkompetenz in der prä- und postanalytischen Phase der medizinischen Befundung steigt.“ Er plädiert für mehr Innovationen: „Was wir brauchen, ist die Optimierung einer zielgenauen Diagnostik durch die Einbindung neuer Technologien der Stoffwechsel- und Proteinanalytik. Hierzu benötigen wir die Industrie, die diese Technik für uns entwickelt.“

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