IVD-Informationsseminar am 5.12.2012: Großer Andrang in Frankfurt

Mehr als 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den VDGH-Mitgliedsunternehmen kamen am 5. Dezember 2012 ins Marriott Hotel Frankfurt, um die ganztägige Informationsveranstaltung des VDGH zum Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über In-vitro-Diagnostika nicht zu verpassen.

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Der Kommissionsvorschlag enthält zu viele Stolperfallen und Unklarheiten für die IVD-Branche, Foto: VDGH

Dies war seit längerer Zeit die größte Konferenz des VDGH und bildete einen Höhepunkt der VDGH-Aktivitäten in dieser Sache. Der Verband hatte zuvor die kritischen Punkte des Kommissionsvorschlages in seinen Gremien diskutiert und diese in eine vorläufige Stellungnahme einfließen lassen, die zunächst an das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie sowie an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) weitergeleitet wurde. Darüber hinaus steht der Verband in persönlichem Kontakt zu dem Europaabgeordneten Dr. Peter Liese (CDU), der zur IVD-Verordnung an das europäische Parlament berichtet.

Die Tagung sollte dazu beitragen, das Vorhaben der EU-Kommission für die Mitgliedsunternehmen transparenter zu machen und die sie betreffenden Aspekte konkret verdeutlichen helfen. Zwölf Experten aus Politik, Gesundheitswesen, Benannten Stellen und aus den Reihen der VDGH-Mitgliedsunternehmen nahmen dazu ihre Arbeit an dem Entwurf sowie kritische Faktoren daraus genauer unter die Lupe.

„Als ich vor einigen Wochen gefragt wurde, auf dieser  Veranstaltung zu dem Thema zu sprechen, wusste ich nicht, auf was für eine Problematik ich mich einlasse“, sagte Dr. Winfried Mientus vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Referat 122 für Medizinproduktesicherheit, halb scherzend, halb im Ernst. Nach der Begrüßung durch VDGH-Geschäftsführer Dr. Martin Walger startete Mientus und erläuterte zunächst den entwicklungsgeschichtlichen Hintergrund zur IVD-Revision seit 2008. Er stellte die wesentlichen Änderungen und Neuerungen des Kommissionsvorschlags, Ansätze zur Problemlösung sowie die Neuerungen und Auswirkungen der Verordnungen auf die Branche vor und räumte, dass die Verordnung noch rechtliche Unklarheiten für Handel und Hersteller enthielte. Mientus machte die Gesprächsbereitschaft  des BMG deutlich, für Argumente und Interessen der VDGH-Mitgliedsunternehmen offen zu sein.

Die folgenden Referenten griffen in ihren Vorträgen die für die IVD-Industrie problematische Schlüsselpunkte im Einzelnen auf und analysierten sie detailliert. So gab Jesús Rueda , Direktor Regulatory Affairs bei der EDMA einen Überblick über  die Problematik bei der neuen Klassifizierung von IVD-Produkten auf Basis der GHTF-Kriterien. Zu den Auswirkungen des Kommissionsvorschlages auf die Benennung und Überwachung der Benannten Stellen durch die zuständigen Behörden referierte Dr. Rainer Edelhäuser von der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG). Er zeigte in seinem Vortrag vor allem die Unklarheiten und Diskussionspunkte des Verordnungsvorschlages zu den Benannten Stellen auf. Sein entscheidendes Argument gegen eine Zulassungsstelle für ganz Europa: Diese könne den täglichen Kontakt zu den Benannten Stellen, wie ihn die ZLG heute pflege, nicht gewährleisten. Neben den Benannten Stellen soll auch den Referenzlaboren laut Kommissionsvorschlag zukünftig eine besondere Bedeutung zukommen. Dazu stellte der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Prof. Dr. Klaus Cichutek die Bewertung des Kommissionsvorschlages aus Sicht des PEI vor. Grundsätzlich, so Cichutek, unterstütze das PEI den EU-Vorstoß und spreche sich für eine Weiterentwicklung im Rahmen des heutigen Sysrtems aus. Das PEI wolle Referenzlabor werden und das sei auch für das Prüfverfahren für die Produkte der VDGH-Mitglieder von Vorteil. Dazu skizzierte er den Zuhörerinnen und Zuhörern die zukünftigen Aufgaben eines Referenzlabors und verdeutlichte dessen Zusammenarbeit mit den Benannten Stellen. Er ermutigte zudem die IVD-Hersteller, auch das PEI an ihrer Expertise teilhaben zu lassen.

Eine Einschätzung zu den Auswirkungen des Kommissionsvorschlages aus der Sicht einer Benannten Stelle gab im Gegenzug Dr. Dieter Schönwald, Abteilung Medical Health Services – In Vitro Diagnostics vom TÜV SÜD Product Service. Er bewertete die vorgesehene Rotation im Auditorensystem als kontraproduktiv und stellte Unklarheiten fest, die auch der VDGH moniert, wie z.B. den Terminus Produkte mit Messfunktion. Für die Industrie überraschend war die Prognose Schönwalds, dass sich die Kosten der Einschaltung einer benannten Stelle nicht nennenswert ändern werde.

Im letzten Abschnitt der Veranstaltung übernahmen es engagierte Vertreter aus VDGH-Mitgliedsunternehmen, die Anwesenden für weitere Details zur geplanten Verordnung zu sensibilisieren. Die Sicht der Industrie zur geplanten EU-Verordnung stellte Dr. Thomas Mall (Roche Diagnostics), Vorsitzender des Ausschusses Regulatory Affairs im VDGH, vor. Er zeigte den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Fallstricke des Kommissionsvorschlages auf und hob die für sie wichtigsten Änderungen komprimiert hervor. Dr. Getrud Thedinga (Siemens Diagnostics), Vorsitzende der Arbeitsgruppe Zulassung und Registrierung und Mitglied im Ausschuss Regulatory Affairs des VDGH und Stefanie Giesener (DiaSys Diagnostics), Vorsitzende des Ausschusses Qualitätsmanagementsysteme und stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses Regulatory Affairs im VDGH analysierten das neue Klassifizierungssystem und Konformitätsbewertungsverfahren. Ein Problem, so Thedinga, sei der Klassifizierungsvorschlag der neuen EU Verordnung über In-vitro-Diagnostika, die sich an der GHTF Klassifizierung orientiert. Produkte könnten danach in verschiedenen Ländern unterschiedliche Einstufungen erfahren. Giesener setzte den Zuhörern die Komplexität der Klassifizierungs-Einstufung auseinander und hob unklar formulierte Passagen im Kommissionsvorschlag hervor.

Dr. Petra Kaars-Wiele (Abbott) erläuterte den neuen Verordnungsbegriff „Klinischer Nachweis“ und zeigte Quellen zum Nachweis der wissenschaftlichen Bewertung auf. Aus Ihrer Sicht sei der geführte Begriff „klinische Prüfung“ in der Verordnung zu vermeiden, denn dieser habe nichts mit IVDs zu tun. Susanne Ulrich (Abbott) analysierte das Thema im Detail und machte dabei insbesondere auf Artikel 49 der Verordnung aufmerksam, der u.a. auch eine Speichelprobe als invasiven Eingriff einstuft.

Dr. Alexander Schwarz (Diasys)  informierte über die zukünftige Unique Device Identification (UDI) und zeigte aus Sicht des IT-Leiters u.a. plakativ auf, wie IVDs danach etikettiert werden müssen und welche Kennzeichen wohin kommen.

Abschließend referierte Dr. Bernd Peschke (Becton Dickinson), der für den Verband das Medizinprodukte-Überwachungs- und Meldesystem (Vigilanz) auf Änderungen im Kommissionsvorschlag untersucht.“ Peschke stellte als wichtigste Begrifflichkeiten schwerwiegende Vorkommnisse, Sicherheitskorrekturmaßnahmen im Feld und Tendenzen vor und erläuterte die damit verbundenen Meldepflichten in ihrer zeitlichen und inhaltlichen Dimension.

Insgesamt war die Akzeptanz der Veranstaltung bei den Mitgliedern enorm. Sie zeigte, dass der Informationsbedarf zur geplanten IVD-Verordnung groß ist. Der Vorschlag der Kommission umfasst nicht zuletzt zehn Kapitel samt 14 Anhänge und ist insgesamt 158 Seiten lang. Neben Übersetzungsfehlern in der englischen und deutschen Fassung enthält der Kommissionsvorschlag Punkte, die für die IVD-Branche Kostensteigerungen bewirken, kämen sie zur Umsetzung (der VDGH berichtete). Martin Walger, der die bisherigen Lobbyaktivitäten des VDGH zusammenfassend darlegte, ermunterte das Auditorium, zusätzliche Aspekte aus Sicht der Unternehmen beim VDGH einzubringen. Die Positionierung des Verbands sei offen für weitere Argumente.

Mitgenommen haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer  viele Informationen, die für ein einzelnes Unternehmen zu erarbeiten und analysieren nur mit großem Aufwand machbar gewesen wäre. Alle Präsentationen zu der Informationsveranstaltung am 5.12.2012 stehen den Mitgliedsunternehmen im geschützten Bereich der VDGH-Homepage zur Verfügung.

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Veranstaltung in Bildern: